Auf der Hamburgseite der „taz“ ist am 28.06. ein Text zu den Kostensteigerungen für die Verlegung das Altonaer Fernbahnhofes an den Diebsteich erschienen. Hier ist der Original-Text von mir, den ich für die „taz“ als freier Journalist verfasst und am 24.6. abgegeben hatte:

Poker um den neuen Bahnhof
Bahn geht von 188 Millionen zusätzlichen Kosten aus / Verhandlungen mit dem Bund laufen noch

Übereinstimmenden Presseberichten nach rechnet die „Deutsche Bahn“ (DB) mit höheren Kosten für den neuen Fernbahnhof am Diebsteich. Der „taz“ gegenüber bestätigte die DB die Summe von 548 Millionen Euro für die Verlegung vom bisherigen Standort in Hamburg-Altona an den Diebsteich. Bislang ging die DB offiziell von Kosten in Höhe von 360 Millionen Euro aus.

Laut dem Geschäftsbericht der Bahn für 2020 ist die Finanzierung des Projektes gesichert. Auf Anfrage teilte eine Bahnsprecherin zudem mit: „Derzeit befinden wir uns mit dem Bund noch in letzten Gesprächen bezüglich der Kostenaufteilung.“

Der Finanzierungs-Poker bei dem Projekt läuft seit Jahren: Im Oktober 2020 hatte der Leiter für Infrastrukturprojekte Nord bei der DB Netz, Frank Limprecht, eingeräumt, dass die Kosten aufgrund der anziehenden Baupreise steigen werden. Im Rahmen einer Sitzung des Verkehrsausschusses der Hamburger Bürgerschaft gab er zu Protokoll, dass die massiven Baupreissteigerungen der vergangenen vier, fünf Jahre nicht in den 360 Millionen Euro eingepreist sind. Angaben der DB zufolge machen die gestiegenen Baupreise nun 82 Millionen der Mehrkosten aus.

Im vergangenen Dezember antwortete der Parlamentarische Staatssekretär und Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr beim Bundesverkehrsministerium (BMVI), Enak Ferlemann (CDU), auf eine Frage der Bundestagsabgeordneten Sabine Leidig („Die Linke“) und erklärte, dass der Zuschuss für das Projekt aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) bei 250,7 Millionen Euro gedeckelt ist. Er betonte dabei auch, dass das Verkehrsministerium an dieser Obergrenze nun festhält. Der Bund hatte bereits im Sommer 2015 eine erste Obergrenze gezogen, allerdings bei 162 Millionen Euro.

Hintergrund für den zweiten, höheren Deckel war einem Briefwechsel zwischen Limprecht und dem Ministerialrat im BMVI, Hans-Jörg Jacobs, zufolge, dass die Wirtschaftlichkeit der Planungsvariante vor allem im Vergleich zur Fortführungsvariante – also dem Verbleib des Fernbahnhofes am bisherigen Standort – ansonsten infrage stünde. Die Briefe liegen der „taz“ vor. Den Schreiben aus dem Dezember 2016 und Januar 2017 nach kann die Summe des Bundeszuschusses über den gedeckelten Betrag steigen, wenn die Baupreise anziehen.

Kritik an der Kostensteigerung kommt von Michael Jung, dem Sprecher der Bürgerinitiative „Prellbock“. Er teilte auf Anfrage mit: „Wir sehen die jetzt bekannt gewordenen Zahlen nur als den Anfang, da die DB noch nicht alle Gewerke ausgeschrieben hat und die Baupreise weiter steigen.“ Ferner habe die DB für die zusätzlichen Weichen und Signale noch keine genehmigten Pläne. „Daraus folgen in der Regel weitere Kostensteigerungen“, so Jung.

Die Bürgerinitiative kämpft seit Anfang an gegen die Pläne. Sie war sowohl an dem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG), als auch an den Vergleichsgesprächen beteiligt, die hinter verschlossener Tür im Rathaus stattfanden.

Nach rund einem Jahr Gezerre lenkte der Verkehrsclub Deutschland Nord (VCD Nord) im Februar 2020 ein und schloss einen Kompromiss mit Stadt und Bahn. Die darin ausgehandelten Verbesserungen schlagen nun der DB nach mit 106 Millionen Euro Mehrkosten zu Buche. Auf den Eilantrag des VCD Nord hin war der Bau des Projekts wegen Planungsmängeln vom OVG im August 2018 vorerst gestoppt worden.

Die Stadt Hamburg hat ihre Beteiligung an den Kosten mit 17 Millionen Euro beziffert und auch deutlich gemacht, dass es bei dieser Summe bleiben wird. Offen ist, aus welchem Topf das Geld fließen soll. Finanzbehörde und Verkehrsbehörde bestätigten zwar die Summe, ließen eine entsprechende Nachfrage aber unbeantwortet.